Wien, 25.02.2021
Österreichs Regierung schafft Präzedenzfall bei Lebensversicherungen
Trotz ausführlicher Aufklärung der Nationalratsabgeordneten durch den Verein zum Schutz von Anlegerinteressen (VSA), verabschiedete Österreichs Parlament per 4. Juli 2018 ein Gesetz, womit der Bund allen Versicherungsnehmern, die ihre Lebensversicherung im Zeitraum 1994 bis 2014 geschlossen haben, das Rücktrittsrecht entzieht und Ansprüche aus später geschlossenen Verträgen erheblich beschneidet. Mit diesem Gesetz nimmt Österreich seinen Bürgern ein EU-Recht und sorgt bei österreichischen Versicherungsnehmern für Schäden in Millionenhöhe. Für den entstandenen, je nach Vertrag unterschiedlich hohen, Schaden haftet die Republik Österreich.
Was ist geschehen?
Die Republik Österreich ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union aus der 3. Lebensversicherungsrichtlinie europarechtlich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Versicherungsnehmerinnen in Österreich vor Abschluss eines Lebensversicher-ungsvertrages richtig über ihr Rücktrittsrecht belehrt werden. Österreich hat diese Pflicht zur Belehrung über das Rücktrittsrecht nicht richtlinienkonform in österreichisches Recht umgesetzt und damit die 3. Lebensversicherungsrichtlinie verletzt.
Im Detail hat der EuGH in seinem Urteil vom 19. Dezember 2013 entschieden, dass das Rücktrittsrecht bei Belehrungsfehlern nicht erlischt und ein Gesetz eines Mitgliedsstaates dieses Rücktrittsrecht auch nicht zeitlich begrenzen darf. Dies hat der Oberste Gerichtshof der Republik Österreich in seiner Entscheidung am 2. September 2015 für Österreich bestätigt und der EuGH durch sein Urteil vom 19. Dezember 2019 für die Höhe der damit in Österreich verbundenen Ansprüche klargestellt.
Österreicher per Gesetz rechtlos gestellt
Per Gesetz entzog die Regierung am 01. Jänner 2019 allen Versicherungsnehmern, die ihre kapitalbildende oder fondsgebundene Lebensversicherung in der Zeit vom 01. Jänner 1994 bis zum 01. Jänner 2014 geschlossen haben, das Rücktrittsrecht. Sie haben gar keine Ansprüche mehr. Auch später geschlossene Verträge sind betroffen.
Damit nimmt die Republik seinen Bürgern ein von der EU gewährtes Recht nachträglich wieder. Das ist ein in der EU einmaliger Vorgang. Das Gesetz hat Millionen Versicherungsnehmerinnen und -nehmer in Österreich, trotz ausdrücklicher Warnung, mit Ansage geschädigt.
Trotz Warnung vor dem Verstoß des Gesetzes gegen geltendes EU-Recht verabschiedete die damalige Regierung das Gesetz und der Bundepräsident unterfertigte es. Auch medial wurde damals darüber berichtet. An ihren Motiven ließ die Regierung auch keine Zweifel: Obwohl eine lebenslange Rücktrittsmöglichkeit seitens des EuGH als rechtens bestätigt wurde, widerspreche dieses Recht „dem Rechtsempfinden“ der Regierung, so der damalige Obmannstellvertreter des Ausschusses für Konsumentenschutz Peter Weidinger (Parlamentskorrespondenz Nr. 813 vom 04. Juli 2018).
Tu felix Austria
Glück im Unglück: Die Republik Österreich muss den entstandenen Schaden ersetzen. Nach der Rechtsprechung des EuGH haftet ein Mitgliedsstaat seinen Bürgern dafür, dass ein Gesetz ein den Bürgern durch eine Richtlinie gewährtes Recht, entzieht oder einschränkt.
Je nach Versicherung handelt es sich hierbei um eine Schadenssumme von bis zu mehreren tausend Euro je Polizze.
Die Zeit drängt. Allerdings müssen Ansprüche bis spätestens Ende des Jahres gerichtlich geltend gemacht werden. Diese Ansprüche können gebündelt in einer Sammelklage vor Gericht eingebracht werden.
Rückfragehinweis PR-Agentur:
Markus Riedlmayer Bakk., MBA Senior Consultant
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