Wien, 01.10.2021
Causa Lebensversicherungen: Nationalrat wurde gewarnt – VSA bereitet Klage gegen die Republik Österreich vor

Der ehemalige Vize-Kanzler und Ex-FPÖ Chef, Heinz-Christian Strache, und der ehemalige ÖVPFinanzminister Hartwig Löger stehen unter Verdacht der Bestechlichkeit – für die geannten Personen gilt die Unschuldsvermutung. Hintergrund ist ein Gesetz im Bereich Lebensversicherungen, das versicherte Bürger quasi enteignet. Das betreffende Gesetz wurde am 4. Juli 2018 vom Nationalrat verabschiedet, obwohl der Verein zum Schutz von Anlegerinteressen (VSA) sämtliche Mitglieder des Nationalrats, sowie den Justizausschuss per E-Mail in einem offenen Brief vor den Konsequenzen gewarnt hatte. Bis Jahresende bereitet der VSA eine Sammelklage gegen die Republik Österreich vor.

Am 2. Oktober 2017 und 19. März 2018 trat der VSA per E-Mail an den Justizausschuss und sämtliche Abgeordnete zum Nationalrat heran und wies darauf hin, dass der am 21. März 2018 in der Plenarsitzung eingebrachte Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden soll, verfassungsrechtlich fragwürdig ist und mit geltendem EU-Recht unvereinbar ist.

Ebenfalls verweist der VSA in seinem Offenen Brief vom 19. März 2018 darauf, dass der österreichische Gesetzgeber für den entstandenen Schaden selbst einstehen und haften muss, sollte sich dieser nicht an die Grundregeln des Europäischen rechts gebunden fühlen. Durch die Verabschiedung des Gesetzes per 4. Juli 2018 tritt die Republik Österreich in die Staatshaftung!

Zweimal wurde der Nationalrat durch Dr. Markus Weyer, Obmann des Vereins zum Schutz von Anlegerinteressen, und sein Team im Vorfeld ausführlich darüber aufgeklärt (siehe die beiden Offenen Briefe an den Nationalrat im Anhang).

Zur Aufklärung
Die Republik lässt dem Bürger zwar das Recht zu kündigen, nimmt ihm aber den Anspruch auf Rückzahlung seiner Prämien. Sein Geld soll bei der Versicherung verbleiben. Tatsächlich sind die Folgen des Gesetzes weitreichend. Die Republik entzog mit dem Gesetz seinen Bürgern den wirtschaftlichen Wert des Rücktritts von abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen mit fehlerhafter Belehrung zum Rücktrittsrecht.

Die Folgen sind weitreichend:

  • Bürger, die ihren Vertrag zwischen 1994 bis 2014 geschlossen haben, bekommen nach einem Rücktritt überhaupt nichts mehr.
  • Bürger, die ihren Vertrag zwischen 2014 bis 2020 geschlossen haben, bekommen nach einem Rücktritt nur noch den Rückkaufswert ohne Abzüge.
  • Bürger, die eine fondsgebundene Versicherung zwischen 2014 bis 2021 geschlossen haben, müssen nach einem Rücktritt jetzt alle bis zum Rücktritt eingetretenen Veranlagungsverluste tragen.

Der EuGH entschied allerdings in seinem Urteil EuGH C-335/18 vom 19. Dezember 2013, dass das Rücktrittsrecht bei Belehrungsfehlern nicht erlischt und ein Gesetz eines Mitgliedsstaates dieses Rücktrittsrecht auch nicht zeitlich begrenzen darf. Der EuGH entschied aber auch, dass der Mitgliedsstaat das Rücktrittsrecht nicht entwerten darf. So urteilte der EuGH für Österreich unmissverständlich, dass Bürger in der Republik Österreich nicht auf Zahlung des Rückkaufswertes beschränkt werden dürfen (Rn 111):

„Somit ist auf die … Frage in der Rechtssache C-479/18 zu antworten, dass [die] … Richtlinie 90/619, [die] Richtlinie 2002/83 und [die] Richtlinie 2009/138 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Versicherer einem Versicherungsnehmer, der von seinem Vertrag zurückgetreten ist, lediglich den Rückkaufswert zu erstatten hat.“ Der Oberste Gerichtshof der Republik Österreich bestätigte das Urteil, dass jeder Bürger, der in Österreich eine Lebensversicherung mit fehlerhafter Belehrung zum Rücktrittsrecht geschlossen hat, Rückzahlung aller gezahlter Prämien zuzüglich 4% Zinsen verlangen kann.

Republik haftet für entstandenen Schaden
Die Republik Österreich muss den entstandenen Schaden ersetzen. Nach der Rechtsprechung des EuGH haftet ein Mitgliedsstaat seinen Bürgern dafür, dass ein Gesetz ein den Bürgern durch eine Richtlinie gewährtes Recht entzieht, einschränkt oder wie hier, wirtschaftlich entwertet. Je nach Versicherung handelt es sich hierbei um eine Schadenssumme von bis zu mehreren tausend Euro je Polizze, für die der Staat Österreich, nicht die Versicherungsgesellschaft, aufkommen muss.
Dr. Markus Weyer, Obmann des Vereins zum Schutz von Anlegerinteressen:
„Wir haben vor dem Gesetzesbeschluss auf diese Problematik aufmerksam gemacht und davor gewarnt, dass man gegen EU-Recht verstößt. Dies ist ein einmaliger Vorgang, Österreich schafft damit einen Präzedenzfall. In den vergangenen Wochen und Monaten haben wir uns intensiv damit auseinandergesetzt, einen Beispielrechner für sämtliche betroffene Versicherungsnehmer aufzusetzen, der auf unserer Website unter https://vsa.co.at online ist. Wir bereiten bis Jahresende eine Sammelklage gegen die Republik Österreich vor. Interessenten können sich jederzeit an uns wenden, es entstehen für sie keine Kosten.“

Entschädigung berechnen
Auf der Website des Vereins zum Schutz von Anlegerinteressen unter www.vsa.co.at kann mittels eines Rechners eine unverbindliche Schätzung über die Höhe des Anspruchs gegen die Republik eingeholt werden. Um sich an der Sammelklage zu beteiligen, reicht die Beantwortung weniger Fragen über ein Eingabeformular. In der Folge wird geprüft ob ein Anspruch besteht und wie hoch dieser ausfällt. Die Beteiligung an der Sammelklage ist kostenlos, der VSA trägt das Risiko zu 100 Prozent. Im Erfolgsfall werden 65 Prozent des Streitwerts an die/den Geschädigten ausgezahlt.

Der Verein zum Schutz von Anlegerinteressen (VSA) ist eine österreichische Verbraucherorganisation für all auf dem österreichischen Finanzmarkt angebotenen Finanzanlageprodukte. Die Tätigkeit des Vereins ist nicht auf Gewinn gerichtet.

Der VSA hilft bei der Durchsetzung von außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsansprüchen von Kleinanlegern und Versicherungsnehmern. Der VSA kooperiert mit Experten wie Prozesskostenfinanzierern, Prozessführungs- vereinen, Rechtsanwaltskanzleien, Wirtschaftsmathematikern und Wirt- schaftsberatern, die den Verein bei der Erreichung des Vereinszwecks unterstützen.

Rückfragehinweis PR-Agentur:
Markus Riedlmayer Bakk., MBA Senior Consultant

Chapter Four Communications Consulting GmbH
mobile: +43 664184 69 60
↗ vsa@chapter4.at

 

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