Wien, 15.10.2021
Causa Lebensversicherungen: Millionen ÖsterreicherInnen betroffen

Das Thema Lebensversicherungen – haben Versicherungsgesellschaften für sich selbst ein Gesetz geschrieben? Dieser Frage wird aktuell nachgegangen. Der ehemalige Vize-Kanzler und Ex-FPÖ Chef, Heinz-Christian Strache, und der ehemalige ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger stehen unter Verdacht der Bestechlichkeit – für die genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung. Für den entstandenen Millionenschaden haftet jedenfalls die Republik Österreich, die trotz Warnung durch den VSA, mit Vorsatz gegen EU-Recht verstößt.

Der Verein zum Schutz von Anlegerinteressen hatte bereits im Oktober 2017 den Justizausschuss vor der geplanten Gesetzesänderung gewarnt, sowie den gesamten Nationalrat im März 2018 (Die beiden
offenen Briefe finden Sie im Anhang). Damit gelang es zweimal erfolgreich, dass das Gesetz im Parlament nicht zu Abstimmung gelangte.

Am 4. Juli 2018 wurde das Gesetz kurzfristig eingebracht und vom Nationalrat verabschiedet. Der
entstandene Schaden ist riesig:

  • Bürger, die ihren Vertrag zwischen 1994 bis 2014 geschlossen haben, bekommen nach einem Rücktritt überhaupt nichts mehr.
  • Bürger, die ihren Vertrag zwischen 2014 bis 2020 geschlossen haben, bekommen nach einem Rücktritt nur noch den Rückkaufswert ohne Abzüge.
  • Bürger, die eine fondsgebundene Versicherung zwischen 2014 bis 2021 geschlossen haben, müssen nach einem Rücktritt jetzt alle bis zum Rücktritt eingetretenen Veranlagungsverluste tragen.

Dabei verstößt das Gesetz gegen EU-Recht und die Republik Österreich haftet für den Schaden. Der Verein zum Schutz von Anlegerinteressen (VSA) bereitet nun eine Sammelklage gegen die Republik Österreich vor. Auf der Website www.vsa.co.at kann in wenigen Schritten geprüft werden, ob ei Anspruch besteht und in welcher Höhe dieser geschätzt ausfällt.

Beim VSA geht man von Millionen geschädigten Bürgerinnen und Bürgern in Österreich aus. Wer auf sein EU-Recht plädiert, hat die Möglichkeit sich der Sammelklage des VSA anzuschließen. Die Zeit drängt allerdings, da die Ansprüche bis Ende diesen Jahres geltend gemacht werden müssen.

Entschädigung berechnen
Auf der Website des Vereins zum Schutz von Anlegerinteressen unter www.vsa.co.at kann mittels eines Rechners eine unverbindliche Schätzung über die Höhe des Anspruchs gegen die Republik eingeholt werden. Um sich an der Sammelklage zu beteiligen reicht die Beantwortung weniger Fragen über ein Eingabeformular. In der Folge wird geprüft, ob ein Anspruch besteht und wie hoch dieser ausfällt. Die Beteiligung an der Sammelklage ist kostenlos, der VSA trägt das Risiko zu 100 Prozent. Im Erfolgsfall werden 65 Prozent des Streitwerts an die/den Geschädigten ausgezahlt.

Zur europarechtlichen Staatshaftungsklage gegen die Republik Österreich wegen legislativen Unrechts
Was besagt die 3. Lebensversicherungsrichtlinie?
Die in das Versicherungsvertragsgesetz umgesetzte 3. Lebensversicherungsrichtlinie der Europäischen Union besagt, dass das Rücktrittsrecht bei Lebensversicherungen, nach Abschluss, 30 Tage beträgt und der Versicherungsnehmer ordnungsgemäß darüber belehrt werden muss. Als Mitglied der Europäischen Union ist Österreich dazu verpflichtet, die 3. Lebensversicherungsrichtlinie umzusetzen.

Welcher Teil der Richtlinie wurde „verletzt“?
In seinem Urteil vom 19.12.2013 im Fall Walter Endress gegen Allianz Lebensversicherungs AG (C-209/12) entschied der EuGH, dass einem Versicherungsnehmer im Falle einer fehlerhaften Belehrung über die Rücktrittsfrist, das Rücktrittsrecht unbefristet zusteht. Dies hat auch der Oberste Gerichtshof der Republik Österreich in seinem Urteil vom 02.09.2015 (7 Ob 107/15h) bestätigt.

Wogegen hat die Republik Österreich verstoßen?
Dieses lebenslange Rücktrittsrecht bei fehlerhafter Belehrung zur Rücktrittsfrist, entzog die Republik Österreich durch ein per 04.07.2018 beschlossenes Gesetz. Alle Versicherungsnehmer, die ihren Vertrag bis zum 31.12.2013 geschlossen haben, dürfen weder zurücktreten noch haben sie irgendeinen Anspruch auf Rückzahlung der Prämien. Versicherungsnehmer, die ihren Vertrag ab dem 01.01.2014 geschlossen haben, können nur den Rückkaufswert verlangen. Seit dem 01.01.2019 gibt es nach einem Jahr nur noch den Rückkaufswert ohne die Abschlusskosten.

Welches Recht haben Versicherungsnehmer in diesem Fall?
Nach der Rechtsprechung des EuGH haften die Mitgliedstaaten ihren Bürgern, wenn eine Richtlinie, die dem Einzelnen ein Recht gewährt, von einem Mitgliedsstaat fehlerhaft oder nicht umgesetzt wurde („Francovic-Entscheidung“).

Wofür haftet die Republik Österreich?
Die Republik Österreich schuldet betroffenen Versicherungsnehmern daher aus gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftung eine öffentlich-rechtlich „angemessene Entschädigung“ dafür, dass sie aufgrund des Gesetzes vom 04.07.2018 nicht mehr von ihrer Lebensversicherung zurücktreten und nur noch den Rückkaufswert verlangen können. Es wird nicht der Ersatz eines dem Versicherungsnehmer in seinem Vertrag konkret entstandenen zivilrechtlichen Schadens verlangt.

Wie kann der Schaden geltend gemacht werden?
Im europarechtlichen Staatshaftungsanspruch muss der Schadenersatzanspruch nicht für jeden Vertrag einzeln und individuell dokumentiert, dargelegt und bewiesen werden. Der Schaden kann
vereinfacht, d.h. pauschalisiert, geltend gemacht werden.

Gibt es eine Deadline?
Ansprüche müssen spätestens bis zum Ablauf des 31.12.2021 gerichtlich geltend gemacht werden. Ansprüche können in der Republik Österreich gebündelt in einer Sammelklage vor einem Gericht in einem Verfahren mit nur einer Instanz vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof geltend gemacht werden.

Weiterführende Links zu den Dokumenten und Rechtsprechungen
Bundesgesetzblatt Nr. BGBl. I Nr. 51/2018
Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung
Urteil des Gerichtshofs (3. Kammer) vom 19. Dezember 2019
Schlussanträge der Generalanwältin Juliane Kokott vom 11. Juli 2019
Parlamentskorrespondenz Nr. 813 vom 04.07.2018
Urteil des Obersten Gerichtshof vom 02.09.2015

Über den Verein zum Schutz von Anlegerinteressen
Der Verein zum Schutz von Anlegerinteressen (VSA) ist eine österreichische Verbraucherorganisation für alle auf dem österreichischen Finanzmarkt angebotenen Finanzanlageprodukte. Die Tätigkeit des Vereins ist nicht auf Gewinn gerichtet.

Der VSA hilft bei der Durchsetzung von außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsansprüchen von Kleinanlegern und Versicherungsnehmern. Der VSA kooperiert mit Experten wie Prozesskostenfinanzierern, Prozessführungs- vereinen, Rechtsanwaltskanzleien, Wirtschaftsmathematikern und Wirtschaftsberatern, die den Verein bei der Erreichung des Vereinszwecks unterstützen. Sämtliche Informationen finden Sie unter: www.vsa.co.at

Rückfragehinweis PR-Agentur:
Markus Riedlmayer Bakk., MBA Senior Consultant

Chapter Four Communications Consulting GmbH
mobile: +43 664184 69 60
↗ vsa@chapter4.at

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