Wien, 03.11.2021
Causa Lebensversicherungen: € 35 Milliarden Schadenspotential

Gerade einmal eine Hand voll Privatpersonen könnten diesen „Strafzettel“ aus der eigenen Tasche bezahlen: Aufgrund eines im Jahr 2018 verabschiedeten Gesetz, bei dem der ehemalige Vize-Kanzler und Ex-FPÖ Chef, Heinz-Christian Strache, und der ehemalige ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger unter Verdacht der Bestechlichkeit stehen (für die geannten Personen gilt die Unschuldsvermutung), wurden rund 7 Millionen Bürgerinnen und Bürger bei ihren bestehenden Lebensversicherungen durch die Republik zum Teil enteignet! Das Gesetz verstößt gegen EU-Recht, womit die Republik Österreich für die geschätzte Gesamtschadensumme von € 35 Milliarden haftet!

Geschätzt 18 Millionen Polizzen, 7 Millionen Bürgerinnen und Bürger und damit nahezu sämtliche Einwohner Österreichs über 20 Jahre (Anm.: Laut Statistik Austria vom 1. Jänner 2021, sind 7,2 Millionen Bürgerinnen und Bürger und damit 80,7 Prozent der Gesamtbevölkerung über 20 Jahre), sind betroffen!

Der Gesamtschaden aus den 18 Millionen Polizzen beläuft sich auf geschätzte € 35 Milliarden.

Das betroffene Gesetz wurde am 4. Juli 2018 vom Nationalrat verabschiedet und das, obwohl der Verein zum Schutz von Anlegerinteressen sämtliche Abgeordnete zum Nationalrat in einem offenen Brief im März 2018 vor den Auswirkungen des Gesetzes gewarnt hatte.

Der entstandene Schaden ist riesig:

  • Bürger, die ihren Vertrag zwischen 1994 bis 2014 geschlossen haben, bekommen nach einem Rücktritt überhaupt nichts mehr.
  • Bürger, die ihren Vertrag zwischen 2014 bis 2020 geschlossen haben, bekommen nach einem Rücktritt nur noch den Rückkaufswert ohne Abzüge.
  • Bürger, die eine fondsgebundene Versicherung zwischen 2014 bis 2021 geschlossen haben, müssen nach einem Rücktritt jetzt alle bis zum Rücktritt eingetretenen Veranlagungsverluste tragen.

Ein Straf- und Denkzettel
Elon Musk, Jeff Bezos, Mark Zuckerberg, Warren Buffet, Bernard Arnault, Bill Gates, Lerry Page und nur wenige Personen mehr auf dieser Welt, könnten diese Summe aus ihrer eigenen Tasche bezahlen. Geht man nach der Forbes-Liste der reichsten Österreicher, könnte sich selbst Red Bull-Mogul Dietrich Mateschitz diese astronomische Summe nicht leisten.

2017 wandte sich der VSA per offenen Brief an den Justizausschuss, im März 2018 direkt an den Nationalrat. Beide Male warnte man vor diesem Gesetz und seinen Auswirkungen.

Warum?
Das Gesetz verstößt gegen EU-Recht, wodurch die Republik Österreich für den Schaden haftet. Der Verein zum Schutz von Anlegerinteressen (VSA), bereitet aktuell eine Sammelklage gegen die Republik Österreich vor.

Entschädigung berechnen
Auf der Website des Vereins zum Schutz von Anlegerinteressen unter www.vsa.co.at kann mittels eines Rechners eine unverbindliche Schätzung über die Höhe des Anspruchs gegen die Republik eingeholt werden. Um sich an der Sammelklage zu beteiligen, reicht die Beantwortung weniger Fragen über ein Eingabeformular. In der Folge wird geprüft ob ein Anspruch besteht und wie hoch dieser ausfällt. Die Beteiligung an der Sammelklage ist kostenlos, der VSA trägt das Risiko zu 100 Prozent. Im Erfolgsfall werden 65 Prozent des Streitwerts an die/den Geschädigten ausgezahlt. Die Zeit drängt allerdings, da die Ansprüche bis Ende diesen Jahres geltend gemacht werden müssen.

Zur europarechtlichen Staatshaftungsklage gegen die Republik Österreich wegen legislativen Unrechts:

Was besagt die 3. Lebensversicherungsrichtlinie?
Die in das Versicherungsvertragsgesetz umgesetzte 3. Lebensversicherungsrichtlinie der Europäischen Union besagt, dass das Rücktrittsrecht bei Lebensversicherungen, nach Abschluss, 30 Tage beträgt und der Versicherungsnehmer ordnungsgemäß darüber belehrt werden muss. Als Mitglied der Europäischen Union ist Österreich dazu verpflichtet, die 3. Lebensversicherungsrichtlinie umzusetzen.

Welcher Teil der Richtlinie wurde „verletzt“?
In seinem Urteil vom 19.12.2013 im Fall Walter Endress gegen Allianz Lebensversicherungs AG (C-209/12) entschied der EuGH, dass einem Versicherungsnehmer im Falle einer fehlerhaften Belehrung über die Rücktrittsfrist, das Rücktrittsrecht unbefristet zusteht. Dies hat auch der Oberste Gerichtshof der Republik Österreich in seinem Urteil vom 02.09.2015 (7 Ob 107/15h) bestätigt.

Wogegen hat die Republik Österreich verstoßen?
Dieses lebenslange Rücktrittsrecht bei fehlerhafter Belehrung zur Rücktrittsfrist, entzog die Republik Österreich durch ein per 04.07.2018 beschlossenes Gesetz. Alle Versicherungsnehmer, die ihren Vertrag bis zum 31.12.2013 geschlossen haben, dürfen weder zurücktreten noch haben sie irgendeinen Anspruch auf Rückzahlung der Prämien. Versicherungsnehmer, die ihren Vertrag ab dem 01.01.2014 geschlossen haben, können nur den Rückkaufswert verlangen. Seit dem 01.01.2019 gibt es nach einem Jahr nur noch den Rückkaufswert ohne die Abschlusskosten.

Welches Recht haben Versicherungsnehmer in diesem Fall?
Nach der Rechtsprechung des EuGH haften die Mitgliedstaaten ihren Bürgern, wenn eine Richtlinie, die dem Einzelnen ein Recht gewährt, von einem Mitgliedsstaat fehlerhaft oder nicht umgesetzt wurde („Francovic-Entscheidung“).

Wofür haftet die Republik Österreich?
Die Republik Österreich schuldet betroffenen Versicherungsnehmern daher aus gemeinschafts-rechtlicher Staatshaftung eine öffentlich-rechtlich „angemessene Entschädigung“ dafür, dass sie aufgrund des Gesetzes vom 04.07.2018 nicht mehr von ihrer Lebensversicherung zurücktreten und nur noch den Rückkaufswert verlangen können. Es wird nicht der Ersatz eines dem Versicherungsnehmer in seinem Vertrag konkret entstandenen zivilrechtlichen Schadens verlangt.

Wie kann der Schaden geltend gemacht werden?
Im europarechtlichen Staatshaftungsanspruch muss der Schadenersatzanspruch nicht für jeden Vertrag einzeln und individuell dokumentiert, dargelegt und bewiesen werden. Der Schaden kann vereinfacht, d.h. pauschalisiert, geltend gemacht werden.

Gibt es eine Deadline?
Ansprüche müssen spätestens bis zum Ablauf des 31.12.2021 gerichtlich geltend gemacht werden. Ansprüche können in der Republik Österreich gebündelt in einer Sammelklage vor einem Gericht in einem Verfahren mit nur einer Instanz vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof geltend gemacht werden.

Weiterführende Links zu den Dokumenten und Rechtsprechungen

Bundesgesetzblatt Nr. BGBl. I Nr. 51/2018
Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicheru
Urteil des Gerichtshofs (3. Kammer) vom 19. Dezember 2019
Schlussanträge der Generalanwältin Juliane Kokott vom 11. Juli 2019
Parlamentskorrespondenz Nr. 813 vom 04.07.2018
Urteil des Obersten Gerichtshof vom 02.09.2015

Über den Verein zum Schutz von Anlegerinteressen

Der Verein zum Schutz von Anlegerinteressen (VSA) ist eine österreichische Verbraucherorganisation für alle auf dem österreichischen Finanzmarkt angebotenen Finanzanlageprodukte. Die Tätigkeit des Vereins ist nicht auf Gewinn gerichtet.

Der VSA hilft bei der Durchsetzung von außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsansprüchen von Kleinanlegern und Versicherungsnehmern. Der VSA kooperiert mit Experten wie Prozesskosten-finanzierern, Prozessführungsvereinen, Rechtsanwaltskanzleien, Wirtschaftsmathematikern und Wirt- schaftsberatern, die den Verein bei der Erreichung des Vereinszwecks unterstützen.

Sämtliche Informationen finden Sie unter: www.vsa.co.at

Für Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Markus Riedlmayer

Markus Riedlmayer Bakk., MBA
Senior Consultant

Chapter Four Communications Consulting GmbH
HQ Vienna
Lange Gasse 65/16
1080 Vienna
Austria
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